Psalms 1

Kapitel 1

1
[Status: Sehr gut]
[Wie] glücklich (gesegnet)
Das hier verwendete Wort  אַשְׁרֵי־ drückt nicht einen konkreten Segen, sondern erstrebenswertes, gesegnetes Glück in einer Beziehung mit Gott durch Bundesgehorsam aus (Waltke 2010, 133). Ähnlich auch die Seligpreisungen (Mt 5,1-12). Psalm 1 kann als Definition dafür gelten, welche Art von Mensch sich auf diese Weise glücklich nennen darf (vgl. Kraus 41972, 3): der „Gerechte“ ( צַדִּיק ), der falsche Wege meidet (1) und sich stattdessen der Torah, der Weisung Gottes zuwendet (2)(Kraus 41972, 9).
[ist] der Mensch (Mann)
Die männliche Form steht hier stellvertretend für jeden Menschen, auf den das Beschriebene zutrifft (Generisches Maskulinum; vgl. Waltke 2010, 128).
,
der nicht dem Rat (den Plänen)
Das Wort kann sich auch auf die Pläne und Ziele einer Person beziehen, umfasst also mehr als einen einmaligen Ratschlag.
der Gottlosen (Übeltäter)
„Gottlose“ ( רְשָׁעִים ) sind solche, die vor dem Gesetz Gottes schuldig sind und sich Gott bewusst widersetzen (Kraus 41972, 4). Der Gottlose ist das genaue Gegenstück zum Gerechten (Waltke 2010, 133).
folgt (gefolgt ist)
Wörtlich: „im Rat der Gottlosen geht/gegangen ist“; Übs. vgl. NGÜ, REB, NET.
, {und} nicht auf (mit) dem Weg der Sünder steht (betritt; gestanden hat) und nicht an dem Ort (auf dem Sitz, im Kreis
im Kreis So EÜ. Gemeint ist mit dem „Sitz der Spötter“ ihr Versammlungsort (TWOT 922d), wo die Spötter ( לֵצִים ) sich gegenseitig zum Spott über Gott herausfordern (Kraus 41972, 4).
) der Spötter sitzt (saß)
V. 1 ließe sich auf zwei Weisen lesen: Entweder handelt es sich bei „dem Rat der Gottlosen folgen“, „auf dem Weg Weg der Sünder stehen“ und „am Ort der Spötter sitzen“ um eine Synonymreihung, die sämtlich für das „sich-Vergehen“ stehen, oder es wird hier durch die Entwicklung von „folgen“-„stehen“-„sitzen“ eine Entwicklung von dynamisch zu statisch ausgedrückt: Der betreffende Mensch verdirbt immer mehr, indem er sich immer mehr an den Kreis der Sünder annähert, bis er sich schließlich ganz bei ihnen niederlässt. Vgl. hierzu die Diskussionsseite.
,

2sondern am Gesetz (Weisung, Tora) JHWHs {seine} Freude (Verlangen, Lust) [hat] und über sein Gesetz Tag und Nacht nachdenkt (grübelt; leise liest oder rezitiert; nachdenken wird)
Freude und Andacht gegenüber dem Gesetz sind Metonymien der Ursache für ein Leben, das sich an der Schrift orientiert. Da Psalm 1 den gesamten Psalter einleitet, nennt er mit dieser Aussage eine Schlüsselqualifikation für das richtige Verständnis der Psalmen (Waltke 2010, 139).
.

3{Und (Dann)} Er ist (wird sein) wie ein Baum, gepflanzt an Wasserkanälen (Wasserbächen)
Gemeint sind künstliche Bewässerungskanäle.
,
, k der seine Frucht bringt (gibt; bringen wird) zu seiner Zeit
Also: regelmäßig, wegen der steten Wasserversorgung, die ohne solche Bewässerungskanäle nicht möglich wäre (Kraus 41972, 6). Dieser Vergleich beschreibt zusammen mit dem Aspekt der nicht verwelkenden Blätter das ewige Leben, das der Gottesfürchtige als „Frucht“ bekommen wird (Waltke 2010, 140).
und dessen Blätter nicht welken.
Und alles, was er tut, gedeiht (gelingt; wird gedeihen)
Auch möglich: „Und er bringt alles, was er tut, zum Gedeihen“ („two-place“ Hiphil nach Waltke 2010, 128).
.
Ps 1 enthält als Torah- bzw. Weisheitspsalm ein typisches Motiv der Weisheitsliteratur, den „Tun-Ergehen-Zusammenhang“: Wie man handelt, so ergeht es einem. Gutes Handeln - das Beschreiten des „gerechten Weges“ - zieht in der Regel positive Folgen für den Handelnden nach sich, der Weg des Gottlosen dagegen führt ins Verderben (vgl. z.B. Oeming 2000, S. 50 f.). Der Gerechte speist sich hier aus den von Gott verfügbar gemachten Bewässerungskanälen der Tora. Soweit er der Tora folgt, wird ihm alles gelingen, er wird zu seiner Zeit Frucht bringen.
,
o

4Nicht so die Gottlosen (Übeltäter)! {sondern (vielmehr)} [Sie sind] wie Spreu
Spreu sind die Schalen von Getreidekörnern, die früher durch Dreschen von diesen gelöst und dann durch Worfeln von ihnen getrennt wurden. Dabei warf man beide Teile in den Wind, der die leichten Spelzen wegblies, während die Körner wieder auf den Boden fielen (Douglas, Chaff, in: NBD 1996). Die nutzlose Spreu steht im Gegensatz zu dem lebendigen, fruchtbaren Baum (3) (Waltke 2010, 141). Gottlose und Spreu teilen für den Psalmisten dasselbe Schicksal: Sie sind wertlos und bestehen nicht, sie werden im entscheidenden Moment vergehen (vgl. den Beginn von V. 5: „deshalb“
, die [der] Wind wegbläst (wegblasen wird). q

5Deshalb bestehen (stehen auf; werden bestehen) Gottlose nicht vor dem (nicht im) Gericht
Unklar ist, ob das Endgericht oder ein irdisches Gericht gemeint ist. Möglichkeiten: Gericht, Gerichtsverhandlung (Gesenius18, ~ 5), Gerichtshof (DCH, ~ §1d), gesamtes Gerichtsverfahren (TWAT, ~ II.2.a; NIDOTTE, ~ 2), Zeitpunkt des (End-?)Gerichts (TWOT, ~ 6), Urteilsvollzug (im Endgericht?) (DCH, ~ §1e, in 1d in Betracht gezogen)? Kraus 41972, 8 glaubt in Anlehnung an Ps 24,3, es wäre hier stattdessen vom Betreten der heiligen Stätte die Rede. Gut möglich, dass ganz einfach eine allgemeine Wahrheit ausgedrückt werden soll: die Gottlosen bestehen ganz grundsätzlich vor keinem Gericht bzw. in keinem Verfahren. Die parallele Entsprechung „Versammlung der Gerechten“ in 5b ist dann vielleicht die Instanz, die das Urteil fällt (Waltke 2010, 142).
und Sünder [nicht] in der Versammlung der Gerechten
Zum Gebrauch des Begriffs „Gerechter“ s. die Fußnote in V. 1.
.

6Denn (ja) JHWH kennt (wacht über) den Weg der Gerechten, aber (und) der Weg der Gottlosen (Übeltäter) führt ins Verderben (vergeht)
führt ins Verderben (vgl. SLT, NGÜ, NLB) übersetzt das Verb  אָבַד, das häufig etwas altertümlich als „zugrunde gehen, umkommen“ übersetzt wird.
.

Copyright information for GerOffBiSt